Die Drachenreiter von Pern: Bubbly Pies [Blaubeerpastete] & Sexismus

In den letzten Wochen habe ich (fast freiwillig ;)) mehrere Bände der Drachenreiter von Pern-Saga gelesen. Aus Kurzgeschichten kannte ich die Fantasywelt schon vorher, jetzt bin ich mal völlig eingetaucht.

Blaubeerpastete

Der Plot und die Fantasywelt sind eigentlich ziemlich cool. Und auch der erste Band ist von der Geschichte her relativ spannend und ganz okay geschrieben. Man ist auf Pern, einem Planeten, auf dem die Menschen – ehemals die Kolonisten – ihre hochtechnisierten Fähigkeiten vergessen haben und in eher mittelalterlichen Verhältnissen leben. Die Gesellschaft ist durch Baronien, Drachenweyrs und Gilden organisiert und strukturiert.
Der Planet, der so hoffnungsvoll neu von Menschen besiedelt wurde, die den Kriegen, der Umweltverschmutzung und den Zwistigkeiten auf der Erde entgehen wollten, wird allerdings alle paar hundert Jahre für mehrere Jahrzehnte von „Fäden“ aus dem Weltall heimgesucht (ein benachbarter Planet wirft die Dinger quasi ab), die stundenweise wie ein Regen auf wechselnde Regionen niedergehen und jedes organische Material zerfressen.
Als Abhilfe wurde über Jahrhunderte hinweg aus einer auf dem Planeten heimischen Echsenrasse große Drachen gezüchtet, die mit Feuer die Fäden in der Luft zerstören, bevor sie Menschen, Feldfrüchten und Vieh auf dem Erdboden Schaden zufügen können. Die Verbindung zwischen Drachenreiter/in und Drache ist sehr intim und einmalig, da die Drachen direkt nach dem Schlüpfen mental von diesen geprägt werden und eine unverbrüchliche Verbindung eingehen. Nach und nach wird auch das vergessene Wissen wiederentdeckt – viel Stoff also für vieeele Bücher. So viel zum Grundplot – mehr zu verraten würde Unbelesene wahrscheinlich zu sehr spoilern. Genaueres verrät der sehr ausführliche Wikipedia-Artikel zu den Drachenreitern. Oder lest eben einfach die Bücher. Gerüchten zufolge soll es auch mal wieder einen Versuch geben, die Buchserie zu verfilmen.

Blueberry Pie / Bubbly Pie

Dragonriders of Pern

Wie ich die Buchserie finde…? Hm. Wahrscheinlich werden mich die wahren Fans gleich lynchen wollen….
Die Idee ist toll. Die Story könnte gut sein und dann ärgere ich mich manchmal richtig darüber, wie grottig und mit wie viel Gefasel sie schriftstellerisch umgesetzt wurde. Anne McCaffrey verschenkt mit diesem immer wieder phasenweise auftretenden, seitenschindenden Gebrabbel wirklich ungemein viel Potential. Und nein, da ich sie im Original (The Dragonriders of Pern)* lese, kann hierfür auch kein/e Übersetzer/in oder so verdammt werden. Ärgerlich auch, wie platt und eindimensional die Figuren oft gezeichnet sind. Dass sie es im Grunde anders kann, zeigt sich an raren, spannenden und erzählerisch sanft glitzernden Stellen. Ich muss die Hauptfigur nicht mögen (Jaxom zum Beispiel finde ich furchtbar, gefühlskalt und sein Umgang mit seinen ersten sexuellen Erlebnisse ist einfach… ekelhaft, während andere Charaktere ihn als sensiblen und einfühlsamen Anführer in den Himmel loben), aber sie muss echt wirken.

Es sind aber vor allem die Inhalte, die mich stören. Zum Beispiel das transportierte Frauenbild. Frauen sind quasi nur tumbe, gebärende Haushälterinnen, die für Sex zur Verfügung stehen. Sie bilden eine gesichtslose, arbeitende, besteigbare und die Höhlenböden schrubbende Masse. Es sei denn, sie haben ein ganz bestimmtes Talent, das sie aus dieser hervor hebt (hier findet dann noch eine geradezu klassisch-klischeehafte Unterteilung in „Heilige“ und „Hure“ statt). Und selbst dann sind sie vor Hausarbeit nicht gefeit. Die Drachen werden nur von Kerlen geritten, die ihre Abenteuerwelt leben dürfen – bis auf die Drachenkönigin. Aber selbst die eine Drachenreiterin, die die Königin geprägt hat, darf ihre Freizeit damit verbringen Heilsalbe zu kochen, die Vorräte zu kontrollieren und zu putzen. Ebenso bei hochtalentierten Schmiedinnen, die nebenbei noch für die Küche verantwortlich sind und ihren Kollegen das Essen servieren. Und ja, nach und nach gibt es vereinzelte Frauenfiguren, die in „männliche“ Domänen vordringen. Wahrscheinlich deswegen wurden mir diese Bücher, die ja teils schon in den 1970er Jahren geschrieben wurden, als geradezu feministisch angepriesen. Aber es ist eine Sache, sowas nach und nach in die Story einfließen zu lassen und eine andere, wenn einem als Leser/in unterschwellig  so ein Frauenbild als vorhandene Selbstverständlichkeit aus Sicht der Autorin (und eben nicht als bewussten Schachzug, der sich im Laufe der Story radikal ändert) präsentiert wird.

Der erste Band beginnt zum Beispiel mit einer wunderbare eine starken Frauenfigur (Lessa). Diese wird dann aber von ihrem aufgezwungenen Partner F’lar, der jeden ihrer Schritte kontrolliert, wie ein Kleinkind behandelt, ständig geschüttelt wenn er mit ihr unzufrieden ist und quasi auch vergewaltigt. Eine Selbstverständlichkeit, mit der Lessa halt kommentarlos klar kommt, weil es ist ja normal. Schriftstellerisch wird dieses kranke Beziehungsmodell zusätzlich dadurch legitimiert, dass Lessa sich später schließlich ebenfalls in ihren Partner (beinahe hätte ich Besitzer geschrieben…) verliebt.

Diese misogyne Sicht auf die Welt findet sich ebenso bei den Drachenklassen wieder. Es gibt die goldene Drachenkönigin mit ihrem Sonderstatus und dann der Größe und Intelligenz nach abgestuft nur noch Männchen (Bronzedrachen, braune Drachen, blaue Drachen) und halt grüne Drachinnen. Letztere sind die kleinsten und auch dümmsten Drachen. Nicht viel wert und nicht sonderlich intelligent – wie immer wieder in den Büchern betont wird (auch hier gibt es wieder Ausnahmen – Mirrim & Path zum Beispiel). Sie sind zahlreich genug vorhanden, stehen zum Beschlafen für die Bedürfnisse der Drachenmännchen bereit und sind – praktischerweise, sonst würden die dummen Drachen ja überhand nehmen – steril.

Ganz ehrlich? Ich frage mich, warum es so viele Fans der Serie gibt. Mir fallen nur drei Gründe ein:

a) Zu der Zeit, als das Zeug raus kam, wirkte es fortschrittlich und toll. Bzw. viele Fans haben die Bücher relativ jung gelesen und würden heute zu einer anderen Lesart und Verstehen tendieren.

b) Die meistern Leser/innen reflektieren diese verstörenden Rollenmuster nicht und/oder finden dieses Verhalten gegenüber Frauen normal. (Was mich wiederum die Auswanderung auf einen anderen Planeten ernsthaft in Erwägung ziehen lassen würde.)

c) Die Story mit der Bewusstseinsverschmelzung von Drache/Mensch macht so viel rosa Zuckerwatte im Gehirn, dass der Rest erstmal ausgeblendet wird. (Ohhhh… Drachen! *_*) Denn wer hätte nicht gerne so ein seelenverpartnertes Haustier?

Man merkt’s, auch nach dem siebten Band wächst meine Liebe zu den Büchern nicht. Ich frage mich, ob es der Zeitpunkt der Veröffentlichung war, der diese Verehrung und Begeisterung bei Leser/innen hervorgerufen hat. Dabei finde ich die dahinterstehende Idee wirklich gut und ich mag diese Mischung aus Mittelalter meets Technik, SciFi & ne Prise Fantasy. Aber lest doch selbst mal hinein und macht euch ein Bild.

Blaubeerkuchen

Blaubeerpasteten aus Pern….

Die Bubbly Pies werden glaube ich zum ersten Mal in dem Buch „Drachengesang„* (hier vom Verlag verwirrenderweise neu benannt als „Drachenlied“) um die Harfnerin Menolly erwähnt. Ihr Freund Piemur hat eine ausgeprägte Schwäche für Bubbly Pies, die bei den seltenen Märkten direkt heiß aus dem Ofen verkauft werden. Ich habe hier eine große „Gather-Pie“ – also einen Kuchen für eine Zusammenkunft – gebacken. Über das Schlitzohr Piemur gibt es auch einen eigenen Band – „Drachentrommeln„* (total unsinnigerweise neu benannt als „Drachenmeister“). Das ist dann so ne Art nett lesbare Abenteuergeschichte mit einem Anfang à la Hanni & Nanni im Internat – nur halt mit etwas Drachigem gewürzt. (Ja ist ja, gut, bin ja schon still….)

Natürlich sind Blaubeeren quasi nur ein Derviat für die auf Pern vorkommenden Früchte. Ich hoffe ihr mögt den Kuchen dennoch. Ich hatte für meine Bluberry Pie mit 700 g allerdings viel zu viele Blaubeeren. Ich habe die Menge im Rezept deswegen um 200 g nach unten korrigiert und auch die Zuckermenge etwas reduziert. Ein wenig ist es natürlich auch von der Süße der jeweiligen Früchte, die ihr erwischt, abhängig. Und ich hatte auch total vergessen, etwas Stärke in die Füllung zu mischen, damit der Inhalt des Blaubeerkuchens nachher nicht zu flüssig ist.
Da ich keine richtige Pieform habe, habe ich eine schmiedeeiserne Bratpfanne zweckentfremdet. Eine durchschnittlich große Springform wäre aber auch geeignet.

Baking Bubbly Pie

Rezept für Bubbly Pie

Für den Pasteten-Teig
275 g Mehl
125 g Butter
60 g Zucker
45 g Eiswasser

Für die Füllung
500 g Blaubeeren (Frisch oder TK-Ware)
125 g Zucker
2 EL Speisestärke
2 EL trockenen Sherry
1/2 TL Zimt
1/4 TL gemahlene Vanilleschote
1/8 TL Kardamom

Butter für die Backform

 Zubereitung

  • Alle Zutaten für den trockenen Teig miteinander vermischen.
  • In der Küchenmaschine oder mit den Knethaken eines Mixers die kalte, in Stücke geschnittene Butter einarbeiten, bis der Teig feinkrümelig ist.
  • Nun rasch das Eiswasser einarbeiten, bis der Teig sich von der Schüsselwand löst und sich wie weiche Knetmasse anfühlt.
  • Den Teigklumpen entnehmen, luftdicht verpacken (Folie oder Plastikdose) und in den Kühlschrank legen.
  • Für die Füllung: Blaubeeren waschen, in einem Sieb abtropfen lassen, in eine Schüssel geben und mit den Gewürzen, Zucker, und der Stärke vermischen. Etwas stehen lassen.
  • Nun 2/3 des Teiges auf einer bemehlten Arbeitsfläche kreisförmig ausrollen.
  • Den Teig vorsichtig seitlich einklappen, anheben und in die ausgebutterte Backform legen. Teig wieder aufklappen, zurechtlegen und am Rand  überstehenden Teig mit einem Messer zurechtschneiden.
  • Die Blaubeeren samt Saft einfüllen und gleichmäßig verteilen.
  • Den restlichen Teig ebenfalls ausrollen und als Deckel aufsetzen. Den Rand anfeuchten, die nun übereinanderliegenden Teigschichten gleichzeitig einmal umklappen und mit Gabelzinken festdrücken. (Siehe Bilder)
  • Löcher für den austretenden Dampf in den Deckel der Pastete schneiden. (Für dekorative Teigstücke: Teig anfeuchten und auflegen.)
  • Im vorgeheizten Backofen bei 175° auf der mittleren Schiene für 50 Minuten backen. Durch die Löcher im Teig sieht man die Früchte dann auch richtig blubbernd (bubbly…) kochen.
  • Abkühlen lassen, genießen. 🙂

Und auch diesmal ist dieses Rezept meine Beteiligung an meinem bibliophil-kulinatischen Dauerevent im magischen Kessel.

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13 Comments

  • Hallo..

    Der sieht ja voll lecker aus 😉
    Jetzt mag ich auch einen haben wollen.
    Dein Rezept klingt klar und gut lesbar. Außerdem kann man sicherlich damit gut arbeiten. Hab deine Seite jetzt einmal aufs Lesezeichen gepackt 😉

    Liebe Grüße
    PS: Zum Glück gibt es den Kommentier-Tag, dara

  • Ein wirklich spannender Beitrag. Ob allerdings die Sicht der Dinge für die End-60er innovativ war, wage ich doch zu bezweifeln. Zum Vergleich; LeGuins The Left Hand of Darkness (dt.: Winterplanet) entstand 1969, und entwirft eine komplette Alternativwelt mit revolutionären Gender-Strukturen (übrigens ein wirklich lesenswerter Roman). Darkover ist sogar noch älter, und auch wenn die Gesellschaftsstruktur auf Darkover patriarchal ist, ist doch stets ersichtlich, dass die Autorin damit hadert (und es Gegenströmungen gibt). – Ein Großteil der Fantasy aus dieser Zeit (und bis heute) ist aber tatsächlich unreflektiert in seinen Rollenbildern, bis hin zu dem Problem, dass die Helden / Identifikationsfiguren fast immer Männer sind, selbst bei durchaus gelungenen Entwürfen wie McKillips Erdmagie-Zyklus. (Ich sollte mal wieder Fantasy lesen, scheint mir).

    • @Foodfreak – Stimmt, Darkover (da habe ich vor Jahren alles von verschlungen, dessen ich habhaft werden konnte) ist da ein ganz anderes Kaliber, auch wenn die Qualität der Bücher da leider auch sehr unterschiedlich ist. LeGuin ist geistig notiert. McCaffrey ist in der Beziehung also einfach nur unentschuldbar doof. Kann ich mit leben. 🙂
      Wegen den Identifikationsfiguren – das ist Tamora Pierce auch schon als Jugendlicher aufgefallen, kann nur die Song of the Lioness Serie empfehlen. Oder die Serie um Keladry of Mindelan (Protector oft the small). Beide Male sehr schöne Fantasy um Frauenfiguren, die in einer männlich dominierten, mittelalterlich-magischen Welt die Ritterwürde erlangen. Ihre Motivation war halt, dass sie sich als Leserin über fehlende Heldinnen ärgerte.

  • Mir gefällt deine Blogidee Bücher und Rezepte daraus zu verbinden. 🙂 Hier komme ich jetzt öfters vorbei.
    Die Bücher werde ich aber bestimmt nicht lesen – solche Geschlechter-Klischees regen mich immer furchtbar auf. Da hätte ich nie bis zum siebten Band durchgehalten!
    Liebe Grüße,
    Mel

    • @Mel – Ich müsste nur mehr Zeit dafür haben. Mit Jobs und drei Blogs kommt das hier leider gerade etwas zu kurz. Dabei habe ich schon so schöne Dinge zu Terry Pratchett in der Schublade liegen. 😉 Zu Pern: Ich hatte irgendwie immer noch die Hoffnung, dass es sich doch noch wendet – bis ich die Bücher dann entnervt weg legte.

      Liebe Grüße
      Shermin

  • Danke, dass du mich auf diesen Beitrag von dir aufmerksam gemacht hast. Ich bin ein großer Pern-Fan und habe die Bücher vor vielen Jahren gelesen (müsste noch das letzte Jahrtausend gewesen sein). Ich war allerdings mindestens Ende 20 und habe es trotzdem nicht so wahrgenommen, wie du es beschreibst. Das kann heute ganz anders sein und irgendwann werde ich es auch noch einmal angehen. Die Bücher stehen gut geschützt in meinem Regal (und werden von Drachen bewacht *lach*).
    Ich lynche dich übrigens nicht, warum sollte ich auch, schließlich hast du deine Meinung begründet und nicht einfach nur „Die Bücher sind sch…“ rausgeschrien. Also voll ok und ich freue mich sogar, dass du dich der Reihe so kritisch genähert hast. Hätte ich Pern nicht schon besucht, würde ich mich nur über einige Spoiler ärgern. Ich mochte es damals besonders, dass ich von der Kolonie eben noch gar nichts wusste.

    Ganz liebe Grüße
    Sandra

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