Vaterliebe: „Papa ist ein Superheld“ von Soosh

Cover des Buches "Papa ist ein Superheld" von Soosh

Der Vatertag trabt heran und mit ihm mein Bedürfnis, mich an dem Tag in der Wohnung zu vergraben, um den trunkenen Horden auf der Straße zu entgehen. Aber für all die, die an diesem Tag ihrem Papa einfach „Danke, ich hab dich lieb!“ sagen wollen, habe ich ein schönes kleines Büchlein im Gepäck.

Cover des Buches "Papa ist ein Superheld" von Soosh

Vaterliebe: „Dad by my side“* von Soosh

Bevor ich zum Buch komme, ein paar allgemeinere Informationen zu Buch und Künstlerin. Im April letzten Jahres kam zeitgleich in verschiedenen Ländern ein gebundenes Büchlein mit dem Titel „Papa ist ein Superheld“* auf den Markt. Der Inhalt: Aquarellzeichnungen aus dem Vater-Tochter-Leben, liebevoll in Szene gesetzt von der Künstlerin Soosh. Es ist nur wenig, was über die Autodidaktin bekannt ist, die ihre ersten Erfolge über Instagram feierte. Sie gibt nur vage Informationen über sich preis, sagt auf ihrer Homepage nur rätselhaft, sie sei in Europa aufgewachsen, in einem Land, das es nicht mehr gäbe. In ihren Youtube-Videos, in denen sie zeigt, wie ihre wundervollen Zeichnungen (meist ein Mix aus verschiedenen Techniken wie Stiften und Aquarell) entstehen, spricht sie leise Englisch, gerüchteweise soll sie aus der Ukraine stammen. Ihr deutscher Verlag kann die Neugier etwas stillen und präsentiert – neben der Information, dass sie derzeit in Osteuropa lebt – ein Foto einer dunkelhaarigen, sympathisch wirkenden Frau.

Soosh erzählt mit ihren Bildern Märchen – über Geborgenheit, die Liebe zwischen Kind und Eltern oder unter Geschwistern – aber zum Beispiel auch über die Freundschaft zwischen einem kleinen Mädchen und einer kleinen Meerjungfrau. Ich habe euch hier die Begegnungen der beiden mit Auslassungen mal ungefähr chronologisch verlinkt: eins, zwei, drei, vier.

Die Zeichnungen mögen naiv und beschönigend sein, aber mich berühren sie einfach. Auch oft durch die begleitenden Worte von Soosh auf Instagram. Wie bei diesem Bild, wo sie beschreibt, dass sie sich als Mutter von vier Kindern fühlt, obwohl sie – nach vielen beschwerlichen Versuchen – „nur“ einen Sohn hat, dem sie tief verbunden ist. Das spricht mich und die Verluste, die wir erfahren haben, im tiefsten Inneren an. Auch ich denke ab und an an meine Kinder, die nie sein durften, und stelle mir vor, wie sie wohl jetzt wären.

Auch die Zeichnungen, in denen so eine innige Partnerschaft und Verbundenheit in der kleinen Familie dargestellt wird, fassen für mich dieses Gefühl der Vollständigkeit mit Kind in Bildsprache zusammen. Für mich persönlich ist es außerdem wichtig zu sehen, dass diese von mir sehr gemochte Künstlerin (zwar für meinen Geschmack zu selten, aber immerhin) auch gegen festgefahrene Rollenbilder, die auf Kinder projiziert werden, eintritt und dass ihr Familienbild auch LGBT*-Partnerschaften mit Kindern umschließt.

 

Blick ins Buch "Papa ist mein Superheld" von Soosh

Rezension „Papa ist ein Superheld“

Doch zurück zum Buch, denn so rätselhaft sie als Person auch bleibt, Soosh erzählt durch ihre einfühlsamen Bilder viel über sich. Über die Liebe in Familien, die Liebe zu Kindern, die Geborgenheit die diese erfahren oder die Sehnsucht danach.
„Papa ist ein Superheld“  ist das erste Buch von Soosh, die zeichnet, so lange sie denken kann.

In ihrer künstlerischen Arbeit bestärkt wurde die Illustratorin Soosh über ihren Instagramaccount – zu finden unter @vskafandre. Dort stellte sie (unter anderem – ein Blick in den Account und auf ihre Frauenzeichnungen und Familienbilder lohnen sich wirklich) die ersten Bilder des riesigen, bärenhaften, bärtigen Vaters ein, der zusammen mit seiner winzig anmutenden Tochter den Alltag meistert, und erhielt daraufhin positive Kommentare von Fans auf der ganzen Welt. Die Vaterfigur erscheint hier, gemessen an seiner Größe, als ein aus kindlicher Sicht körperlich überhöhter Beschützer. Er ist aber ein empfindsamer Riese, der sein Kind – ohne störendes Mannbarkeitsgehabe – bestärkend und auf Augenhöhe dabei begleitet, die Welt zu erforschen. Jeder seitengroßen Zeichnung ist eine erklärende Zeile aus Sicht des Kindes bei gesellt. So ist zu sehen, wie Papa im Superheldenkostüm darüber wacht, dass keine Monster unter dem Bett herauskommen, wie die beiden miteinander kuscheln, er mit der Tochter spielt, kocht, herumalbert, ihr die Haare kämmt, für sie an der Nähmaschine sitzt – sich eben Zeit nimmt. Zu sehen ist auch, wie er sie tröstet und ebenso, wie dieser Gigant sich von der Tochter trösten lässt oder wie die beiden sich gegenseitig vermissen.

Beachtenswert: Dies sind fast alles Tätigkeiten und Gefühle, die in unserer Gesellschaft bisher leider immer noch weitgehend weiblich konnotiert werden und die noch vor wenigen Jahren als unmännlich gelesen wurden. Hier handelt es sich um eines der seltenen Bücher, das nicht auf den Zug der Glorifizierung der Mütterlichkeit aufsteigt, sondern – wie auch schon bei dem letztens vorgestellten „Herr Seepferdchen“ von Eric Carle – hier wird ein Vaterbild bestärkt, das sich toxischer Männlichkeit entgegen stellt und zeigt, dass jeder Elternteil sich liebevoll mit seinem Kind auseinandersetzen kann.

Und noch ein kleiner gedanklicher Exkurs: Den englischsprachigen Originaltitel „Dad by my side“ – also quasi „Papa an meiner Seite“, empfinde ich persönlich als deutlich schöner und inniger als die deutsche Version. Denn dieses „by my side“ fasst so viel mehr an normaler, beständiger Lebensrealität als dieses exklusive, unfehlbare, übermenschliche Supermanding, das man kaum Ernst nehmen kann und das (hoffentlich unbeabsichtigt?) suggeriert, dass es außergewöhnlich und besonders ist, dass Papa sich kümmert. Es sollte einfach nur Teil unserer Normalität sein, dass ein Vater sich in dieser Form mit seinem Kind auseinandersetzt, es lieb hat, tröstet, mit ihm kuschelt, bastelt oder kocht.

Fazit: Das Buch kann man zusammen mit seinem Kind lesen und vielleicht (hoffentlich) Gemeinsamkeiten entdecken oder als Geschenkbuch nutzen. Wie auch immer, es ist ein wunderschönes Buch als Herzensgeschenk für alle liebevollen Papas, auch wenn das Kind vielleicht schon längst diesem Alter entwachsen ist. Aber im Grunde sind die Situationen universell – auch Väter von kleinen Jungs oder deren Mütter finden sich hier wieder. Eigentlich ist es ein Buch für alle Eltern – egal ob LGBT* oder hetero –, die ihren Kindern Geborgenheit, Liebe, Abenteuer und Zeit schenken wollen – denn wer kennt nicht die zahllosen Situationen, wenn ein kleiner Mensch Aufmerksamkeit einfordert und selbst dabei so viel zu schenken hat?
Besonders wünschenswert wäre es ja, wenn es weitere Bücher mit verschiedenen familiären Konstellationen gäbe – oder ganz einfach ein großes Familienbuch, mit Müttern, Kindern und Vätern aller Couleur und Anzahl und schlicht ganz viel Liebe zwischen den Buchdeckeln.

Soosh
Papa ist ein Superheld*
riva Verlag, 2018
ISBN: 978-3-7423-0618-0
40 Seiten, 8,99 Euro

 

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