Daddy Langbein: Buchweizenpfannkuchen mit karamellisierten Äpfeln für Judy Abbott

Ich weiß gar nicht, wie bekannt das 1912 erschienene Buch „Daddy Langbein„* von Jean Webster hierzulande ist… Irgendwann entdeckte ich als Kind den wundervollen Briefroman der US-amerikanischen Autorin Jean Webster im heimischen Bücherregal, las mich fest und war (und bin) verzaubert.Buchweizenpfannkuchen-bs

Daddy Langbein von Jean Webster

Protagonistin ist das Waisenkind Jerusha „Judy“ Abbott. Knapp 18 Jahre ist sie alt, als sie ihrem Waisenhaus, dem John Grier Heim, durch ein Stipendium eines großzügigen Stifters entrinnt, den sie „Daddy Langbein“ (im Original „Daddy Longlegs“) tauft. Als Leser/in kann man sie nun bei ihren ersten Schritten am College beobachten, wie sie aufblüht, ihren Charakter entwickelt und Dinge entdeckt, die für viele Mädchen ihres Alters selbstverständlich sind. Angefangen bei Literatur, Allgemeinwissen, bis hin zu zwischenmenschlichen Beziehungen. Stark (aber immer mit leichter Feder und ohne moralische Keule) herausgearbeitet wird die soziale Kälte und bittere Armut, mit der die Kinder im Heim aufwachsen müssen. Zustände, die auch heute noch in weiten Teilen unserer Welt normal sind.

Die leider viel zu früh verstorbene Jean Webster, die sich auch für das Frauenwahlrecht einsetzte, äußert hier ihre Gesellschaftskritik sehr amüsant verpackt und vertritt für ihre Zeit (immerhin wurde das Buch vor über 100 Jahren verfasst) sehr moderne Ansichten über die Frauenrechte. Natürlich hat die Storyline auch stark märchenhafte Züge. Aber keine Bange, es ist nur halb so kitschig, wie es sich anhört. Denn trotz der Leichtigkeit und dem feinsinnigen und frechen Humor, wird so die Geschichte eines liebenswerten Mädchens transportiert, das mehr so eine Art sozialkristisches Aschenputtel darstellt. Oder man versuche einfach sich, eine nicht ganz so pastorale, sondern sehr extrovertierte und schillernde Jane Eyre vorzustellen.

Lieber Feind

Mit „Lieber Feind“ gab es dann noch einen Nachfolge(brief)roman. (Auch dieser wird derzeit leider nicht verlegt.) Hauptfigur ist allerdings Judys beste Freundin Sally McBride. Eine höhere Tochter, die als Leiterin das kalte und klamme John Grier Heim übernimmt und versucht es in eine Musteranstalt zu wandeln.
Inzwischen habe ich auch einige von Jean Websters früheren Werke gelesen, die ich zum Teil als sehr unsympathisch empfand, die beiden hier genannten Romane waren leider ihre letzte Werke. Was ihren Tod im Kindbett nicht nur menschlich schade macht, sondern die Frage aufwirft, wie sie sich weiterentwickelt hätte und mit welchen wunderbaren Büchern sie die Welt ein gutes Stück heller und fröhlicher gemacht hätte.

Buckwheat PancakesMein Gericht zu diesen Büchern sind übrigens nicht die geschmacklosen Stärkehäuflein, die man im Waisenhaus den Kindern vorsetzte, sondern Buchweizenpfannkuchen mit Ahornsirup. Judy macht in den Ferien einen kleinen Ausflug mit Freundinnen und isst in einem Restaurant erst gebratenen Hummer (das war früher tatsächlich ein Essen für arme Leute) und danach als Dessert Buchweizenpfannkuchen mit Sirup – nahrhaft und billig schreibt sie in ihren Briefen an Daddy Langbein dazu. Bei mir gab es leider keinen gebratenen Hummer, dafür aber noch ein paar karamellisierte Äpfel zu den Pfannkuchen dazu. Leider war der von mir erworbene Ahornsirup etwas dünnflüssig und versickerte in den Pfannkuchen…

Leonora and I and two Sophomores have walked ‚cross country every pleasant day and explored the whole neighbourhood […]. Once we walked into town –four miles — and stopped at a restaurant where the college girls go for dinner. Broiled lobster (35 cents), and for dessert, buckwheat cakes and maple syrup (15 cents). Nourishing and cheap.
It was such a lark! Especially for me, because it was so awfully different from the asylum — I feel like an escaped convict everey time I leave the campus. (Quelle: Jean Webster, Daddy-Long-Legs, The Century Company, 1912)

(Leonora, ich und zwei andere Studentinnen wanderten an jedem schönen Tag querfeldein und erkundeten die Nachbarschaft. Einmal sind wir in die Stadt gegangen – vier Meilen – und machten in einem Restaurant halt, wo die Collegemädels zu Abend essen. Es gab gebratenen Hummer (35 Cent) und zum Dessert Buchweizenpfannkuchen mit Ahornsirup. Nahrhaft und billig.
Es war so ein Spaß! Besonders für mich, weil es so unglaublich anders ist, als das was ich von der Anstalt her gewohnt bin. Ich fühle mich jedes Mal wie ein entflohener Sträfling, wenn ich den Campus verlasse.)

Der Beschreibung nach könnte es auch richtiger Kuchen sein, oder hauchdünne Pfannkuchen wie die Galette Bretonne. Ich wollte aber dicke, fette Pfannkuchen. Buckwheat Pancakes eben. Wenn ich mich recht entsinne, dann wurde das damals in der deutschen Fassung mit „Berliner Pfannekuchen“ übersetzt.

Meine Umsetzung ist übrigens mein Beitrag zu meinem gleichnamigen Dauerevent „Lesehunger“ auf meinem Foodblog Der magische Kessel.

Nachtrag: Da beide Bücher derzeit nicht auf Deutsch verlegt werden, hier noch der Link zu den englischsprachigen Originalen, die man kostenfrei beim Projekt Gutenberg herunterladen kann: „Daddy-Long-Legs“ und „Dear EnemyBuckwheat Cakes

Rezept für Judys Buchweizenpfannkuchen mit Ahornsirup und karamellisierten Äpfeln

250 ml Milch
200 g Buchweizenmehl
1 Ei
2 TL Backpulver
2 TL Zucker
1 große Prise Meersalz
neutrales Öl zum Braten
Ahornsirup und etwas Butter zum Servieren

 Zubereitung

  • Alle trockenen Zutaten in einer Schale vermengen, die feuchten Zutaten in einer anderen.
  • Die Flüssigkeit zu der Mehlmischung geben, grob mischen – nicht zu sehr – und dann bei mittlerer Hitze kleine Pfannkuchen in einer geölten Pfanne ausbacken.
  • Wenn an der Oberfläche der Pancakes Blasen aufsteigen und sie fest ist: wenden und die andere Seite ebenfalls braten.


Schnelles Apfelkompott mit Karamell

4 süß-saure Äpfelchen
2 EL Zucker
1/8 TL gemahlene Vanilleschote
etwas Wasser

Zubereitung

  • Zucker in die Pfanne geben und bei mittlerer Hitze karamellisieren lassen (wird flüssig und dann bräunlich).
  • Die ungeschälten aber geputzten und in Würfelchen geschnittenen Äpfel dazu geben.
  • Anschwitzen lassen, mit einigen EL Wasser ablöschen, Vanille unterrühren und noch kurz garen lassen.
  • Darauf achten, dass die Äpfel nicht zu einem Brei verkochen. Direkt warm zu den Pfannkuchen servieren.

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